Historie

Nach 0:5 bei Barça: Wie Mourinho aus Versagern Champions machte

Den 29. November 2010 will bei Real Madrid nie jemand noch mal so erleben. An jenem Tag wurden die Königlichen beim FC Barcelona mit 0:5 gedemütigt. In der Kabine ging es nach Abpfiff drunter und drüber – Tränen, Schreie, Fassungslosigkeit. José Mourinho munterte seine Stars aber mit einer packenden Ansprache auf.

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Nach der Klatsche im Camp Nou veränderte Real vieles zum Guten – Fotos: AFP/Getty Images

Ein schwarzer Tag in Reals Geschichte

MADRID. Es ist eine große Katastrophe, wenn Real Madrid mal 0:5 verliert. Und eine beispiellose Blamage, wenn das dann auch noch ausgerechnet gegen den FC Barcelona und in dessen Stadion passiert. So unwirklich es auch klingen mag: Einen solchen schwarzen Tag hat es in der Geschichte der Königlichen gegeben. Am 29. November 2010.

Das weiße Ballett tanzte im Camp Nou nicht. Es wurde von dem übermächtigen Barça schwindelig gespielt. Zu allem Überfluss auch noch unter der Regie von José Mourinho. Der portugiesische Star-Trainer war erst wenige Monate zuvor geholt worden, um Real national und international wieder salonfähig zu machen.

Dementsprechend war die Demütigung in Katalonien auch für den „Special One“ ein herber Schlag ins Gesicht. Mourinho brauchte im Anschluss an die krachende Niederlage aber – anders, als man es vermuten könnte – nicht erst einmal Zeit für sich selbst.

CORRECTION IDENTIFICATION IN CAPTION The referee shows a red card to Real Madrid's defender Sergio Ramos (L) under the look of teammate Real Madrid's German midfielder Sami Khedira (2ndL) during the Spanish league "clasico" football match FC Barcelona vs Real Madrid on November 29, 2010 at Camp Nou stadium in Barcelona. Barcelona won 5-0. AFP PHOTO/ LLUIS GENE (Photo credit should read LLUIS GENE/AFP/Getty Images)
Die Blancos ließen sich in Barcelona vorführen und verloren die Nerven – Foto: Lluis Gene/AFP/Getty Images

„Einige haben geweint, andere schrien herum“

„Es herrschte nach der Partie in der Kabine ein totales Chaos“, erinnerte sich Jerzy Dudek, von 2007 bis 2011 Ersatztorwart bei den Blancos, in der englischen Zeitung METRO.

„Einige von uns haben geweint, andere schrien herum oder starrten einfach nur auf den Boden. Dann kam Mourinho rein. Er wusste, wie hart das für uns war. Aber er sah uns an und sagte: ‚Ich weiß, dass das weh tut. Das ist sicherlich die härteste Niederlage in euren Karrieren. Barça ist jetzt glücklich und es scheint, als hätten sie die Liga gewonnen. Aber sie haben uns nur in einem Spiel geschlagen. Das ist erst der Anfang, bis zum Saisonende ist es noch eine lange Zeit‘“, berichtete der 45-jährige Pole.

„Zeigt eure Eier“: Wie Mourinho die Stars motivierte

Für den nächsten Tag gab Mourinho seiner Mannschaft frei. Ein Straftraining hielt er offenbar für das falsche Signal. Dudek zitiert den Coach wie folgt: „Ich will, dass ihr Zuhause bleibt. Geht mit euren Familien raus, schlendert mit euren Freunden durch die Stadt. Zeigt der ganzen Welt, wie ihr das hier verarbeitet. Die Leute da draußen werden über die Bedeutung dieser Niederlage reden. Versteckt euch aber nicht hinter ihr. Zeigt eure Eier! Nach dieser Niederlage müssen wir um jeden Titel kämpfen.“

Worte, die bei den Stars Eindruck hinterlassen sollten. „Wir haben das schneller als es jeder erwartet hatte überstanden. Ich habe zum ersten Mal realisiert, wie wichtig die Psychologie in der Welt des Sports ist. Du kannst gewinnen oder verlieren. José Mourinho ist ein Experte der Psychologie“, zeigt sich Dudek noch heute angetan.

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Halbes Jahr nach Schmach: Real schlägt Barça

Rund sechs Monate nach der Schmach vom Camp Nou standen die Madrilenen Lionel Messi und Co. erneut gegenüber. Diesmal im Finale der Copa del Rey. Sie traten aber weder nervös noch ängstlich auf und gewannen das Endspiel 1:0.

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Auch wenn einige es nicht wahrhaben wollen: Mourinho hat nach einer jahrelangen Durststrecke Real Madrid wieder zur Weltspitze gebracht, was aus meiner Sicht die härteste Arbeit war. Deswegen bleibt er für mich der wichtigste Trainer der letzten 8 Jahre, den dieser Klub engagiert hat, trotz seines unrühmlichen Abgangs..
 
Auch wenn einige es nicht wahrhaben wollen: Mourinho hat nach einer jahrelangen Durststrecke Real Madrid wieder zur Weltspitze gebracht, was aus meiner Sicht die härteste Arbeit war. Deswegen bleibt er für mich der wichtigste Trainer der letzten 8 Jahre, den dieser Klub engagiert hat, trotz seines unrühmlichen Abgangs..

Sehe ich absolut genauso. Mourinho hat dem Verein wieder eine Identität gegeben und den Grundbaustein für die Erfolge der letzten Jahre gelegt. Deshalb ist er für mich immer bei uns in Madrid willkommen. Die Mannschaft in der Saison 11/12 hat für mich den schönsten und effizientesten Fußball der letzten 10-15 Jahre gespielt. Leider konnten wir uns damals nicht mit dem CL-Sieg belohnen, da einfach das nötige Glück gefehlt hat.
 
Für mich war die Saison 11/12, als wir unter Mourinho die Meisterschaft geholt haben, meine schönste als Fan von Real Madrid. In dieser Saison ist etwas geschehen, auf dem alle unsere späteren Erfolge aufbauen. Nämlich die Erkenntnis, dass Barca, an deren Unbesiegbarkeit ich schon geglaubt habe, eben doch schlagbar ist ... dass wir jeden schlagen können. Er hatte von allen Trainern der letzten 10 Jahre die schwerse Aufgaube und hat ihr trotzdem standgehalten. Er hat diesem Team wieder jene Siegermentalität eingechaucht, die unwiderbringbar verloren schien. Ancelotti und später auch Zidane haben zum Teil die Früchte seiner Arbeit geerntet. Ich will nicht sagen, dass er alleine dafür verantwortlich ist, aber Mou kommt manchmal definitiv zu kurz weg.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hatte grade vor ein paar Tagen mit einem Kumpel(bekennender Mou Hater) geredet. Dieser meinte zu mir Jose hätte in Madrid nix gerissen. Hier wird mir zu oft ausser Acht gelassen das er gegen das stärkste Barca aller Zeiten ran musste. Barca unter Pep mit dieser goldenen Generation. Und deren Dominanz hat er gebrochen wie kein anderer.

Dennoch bleibt dieser rabenschwarze Tag des 0:5 für immer in meinem Kopf hängen. War mMn auch die schlimmere Demütigung als das 0:4 unter Benitez da wir da gar nicht richtig wollten. Aber im Camp Nou kam man wirklich unnachahmlich heftig unter die Räder. Mag mich noch erinnern wie CR Guardiola wegschubste aus Frust. Oder wie David Villa die Menge an Toren mit den Fingern zeigt. Oder die Brutalo Attacke von Ramos gegen Leo. Da wird einem schon nur beim Gedanken dran schlecht.
 
Sehe ich absolut genauso. Mourinho hat dem Verein wieder eine Identität gegeben und den Grundbaustein für die Erfolge der letzten Jahre gelegt. Deshalb ist er für mich immer bei uns in Madrid willkommen. Die Mannschaft in der Saison 11/12 hat für mich den schönsten und effizientesten Fußball der letzten 10-15 Jahre gespielt. Leider konnten wir uns damals nicht mit dem CL-Sieg belohnen, da einfach das nötige Glück gefehlt hat.

In der Saison 11/12 hatte man auch das Pech binnen einer Woche drei Spiele gegen die zwei besten Mannschaften der Welt bestreiten zu müsssen. Hinspiel gegen Bayern mitte der Woche, am Wochenende ein titelentscheindes Spiel gegen Barcelona und dann vier Tage später Rückspiel gegen Bayern, dass in die Verlängerung ging. Dazu Pech in der Copa als wir eigentlich im Camp Nou dominiert haben, aber der Schiri mit zahlreichen strittigen Entscheidungen pro Barca gepfiffen hat. Der Triple-Traum war näher dran als uns eigentlich bewusst war.
 
In der Saison 11/12 hatte man auch das Pech binnen einer Woche drei Spiele gegen die zwei besten Mannschaften der Welt bestreiten zu müsssen. Hinspiel gegen Bayern mitte der Woche, am Wochenende ein titelentscheindes Spiel gegen Barcelona und dann vier Tage später Rückspiel gegen Bayern, dass in die Verlängerung ging. Dazu Pech in der Copa als wir eigentlich im Camp Nou dominiert haben, aber der Schiri mit zahlreichen strittigen Entscheidungen pro Barca gepfiffen hat. Der Triple-Traum war näher dran als uns eigentlich bewusst war.

Dikka wie du Erinnerungen hochbringst. Das mit den Bayern Matches und dem Barca Weekend hatte ich gar nicht mehr präsent. Einfach krank wie Mou damals im Rückspiel gegen die Bayern auch die Fans angeheizt hat. Rückwirkend gibt es zu sagen das die Verteidigungsreihe damals auch noch nicht reif war für den Titel. Da passierten viel zu oft viel zu billige individuelle Fehler in unserem Defensivverbund, Ramos Pepe und Marcelo waren da noch ein ganzes Stück unerfahrener. Und dennoch hätten wir das Ding wohl am Ende unter Mou schon geholt wenn der Schiri bei der Neuer-Granero Szene nicht seine Brille Zuhause vergisst. :D
 
Sehe ich absolut genauso. Mourinho hat dem Verein wieder eine Identität gegeben und den Grundbaustein für die Erfolge der letzten Jahre gelegt. Deshalb ist er für mich immer bei uns in Madrid willkommen. Die Mannschaft in der Saison 11/12 hat für mich den schönsten und effizientesten Fußball der letzten 10-15 Jahre gespielt. Leider konnten wir uns damals nicht mit dem CL-Sieg belohnen, da einfach das nötige Glück gefehlt hat.
Schöner Fussball? Wirklich?
Das war absolut nur Zielorientierter Fussball. Für mich ist schön das was Barca und die Spanische Seleccion gespielt haben. Das war das beste was ich bisher gesehen habe.

Ich war sogar sauer, dass Real Madrid nicht so spielen kann wie die. Ich meine, wir sind doch das weisse Ballett...

Egal... Ja Mou hat uns eine Identität gegeben, aber es war eine scheiss Identität, wir waren von allen gehasst und standen da wie die grössten Trampel - auch wegen so Spieler wie Pepe oder Khedira, aber vor allem wegen unserer Spielweise und der hitziger Stimmung die man verbreitet hat.

Ganz ehrlich, Mou hat den Grundbaustein für die letzten Jahre gelegt, aber ich bin glücklich, dass diese Zeit vorbei ist, weil so einen Fussball will ich nicht mehr sehen.

„Willst du so einen Fussball sehen wie Lope spielen lässt, Ballgeschiebe??“ Nein, ich will kein Ballgeschiebe sehen, ich will schöne Kombinationen sehen, schön herausgespielte Tore, Gegenpressing sodass man gleich wieder den Ball zurückbekommt (bei Verlust des Balles). Das ist auch das was Lope versucht zu praktizieren, was auch am Anfang der Saison teilweise zu sehen war, aber es aus irgendwelchen Gründen jetzt nicht funktioniert. (Spieler haben keine Lust, sind verletzt etc.)

Was ich sagen wollte ist, dass er klar wichtig war für Real Madrid, weil vor ihm komplett tote Hose war, aber noch einmal solchen Fussball möchte ich nicht sehen.

Sorry dass es so schlecht geschrieben ist, bin unterwegs.
 
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