So, mich würde nach längerer Überlegung mal eure Meinung zu folgender Frage interessieren. Bin ich der einzige, der je länger je mehr den Eindruck hat, dass uns irgendwo ein kompetentes sportliches Management fehlt? Ein Management, dass die sportliche Situation und die Entwicklung des Kaders im Blick behält und basierend darauf in Zusammenarbeit mit dem Trainer und Präsidenten sinvolle Transfers erarbeitet, aber vielleicht auch mal etwas gegen den Willen des Trainers und/oder des Präsidenten durchsetzt zum Wohle des Vereins, oder ein Veto bei einem möglichen Transfer einlegt. Viele Vereine haben Sportdirektoren und ganze Abteilungen dafür, bei uns fehlt es komplett, im Endeffekt entscheiden 1,5-2 Leute darüber. Big Boss Perez, dessen Wille am Ende über allem anderen steht, seine Rechte Hand Sanchez, der vielleicht ein gewisses Mitspracherecht hat, aber am Ende vor allem den Willen Perez ausführt und wenn der Trainer genug Prestige hat, kann er vielleicht noch ein Wörtchen mitreden, ansonsten verkommt er zur Marionette. Das wars. Brutagueno hat zwar die sportliche Leitung inne, scheint aber nicht viel Einfluss zu haben, und auch gar nicht zu wollen.
Nun mag es auf Grund der grossen Erfolge der letzten paar Jahre und der für eine gewisse Zeit doch sehr gut aussehende Transferstrategie naheliegend zu sein, zu sagen, brauchen wir nicht, unnötig. Aber ich erlaube mir mal die Frage, wie viel davon war wirklich genau vom Verein so geplant. Wann wurde zuletzt ein Spieler auf Grund einer gründlichen Kaderanalyse und für den langfristigen Erfolg des Vereins gekauft, vielleicht auch mal gegen den Willen des Trainers oder Perez und/oder ein Spieler, denn man so nicht zwingend auf dem Schirm hatte, aber dem Verein durchaus helfen kann. An dieser Stelle sei gesagt, ich finde es an sich gut, dass der Wille des Trainers und die finanziellen Möglichkeiten des Vereins und Wünsche des Präsidenten mit einbezogen werden. Aber dadurch, dass bei uns ein Sportdirektor fehlt, bestimmen diese Dinge mehr oder weniger die gesamte Strategie des Vereins und man schwankt zwischen Extremen, und wenn ich sehe wie ein Trainer, der 4 Monate später zurücktritt verhindert, dass man einen jungen TW kauft, um seinen Liebling zu schützen, oder wie Perez Wille immer wieder alles andere überstrahlt, frage ich mich manchmal schon, wie es mit einem sporltichen Management aussehen würde, auch bezüglich, dass man eher zufällig entstehende erfolgreiche Perioden immer wieder komplett gegen die Wand fährt und nicht zuletzt auch die momentane Situation.
Um zu veranschaulichen, was ich meine, schauen wir uns doch mal sämtliche Transfers seit Perez 2tem Amtsantritt 2009 an. Ich sage nicht, dass alle folgende Spieler nicht (auch) für den sportlichen Erfolg des Vereins gekauft wurden, im Endeffekt kauft man jeden Spieler irgendwo (auch) in der Hinsicht, aber wie viele davon wurden wirklich gezielt zur Behebung von Schwachstellen gekauft und/oder zur langfristigem gezieltem Aufbau von etwas. Und anbetracht dessen finde ich es irgendwo schon sehr erschreckend, wie viel in der jüngerer Vereinsgeschichte eigentlich komplett durch Zufall entstanden ist, weil irgendwo im richtigen Moment dir richtigen Leute zusammen kamen.
Man kann eigentlich noch vor 2009 gehen, um es zu veranschaulichen. Marcelo, einer unserer grössten Vereinslegenden, ist so entstanden. Er kam 2007 als Wintertransfer, niemand wird sich damals wohl erträumt haben, was er mal werden würde. Er sollte nach 6 Monaten schon wieder verliehen werden, blieb aber mangels Alternativen und spielte sich fest, schafte unter Mou den Durchbruch. Perez, gerade der von damals, hätte Marcelo vielleicht gar nie gekauft, oder wieder verkauft, hätte nicht Mou in dem Moment auf ihn gesetzt und die Kompetenzen dazu gehabt.
Und ja, schauen wir es uns doch mal an:
2009: Perez grosses Comeback, er versprach viel, und er lieferte, CR, Benzema und Kaka kamen als neue Galaktischen, Alonso, Arbeloa, Granero und Albiol als Hispanisierung. Man kaufte, was man in die Finger bekam, und es kam, wie es kommen musste, manche schlugen voll ein, andere halbwegs, manche gar nicht. Spektakulär wars, über den sportlichen Erfolg kann man streiten. Klar, vor allem Benze,CR und Alobsi hat sicher was gebracht, teilweise aber erst Jahre später unter deutlich anderen Bedingungen.
2010: Das letzte Jahr, als tatsächlich Spieler auf Grund eines sportlichen Managements für den langfristigen Erfolg des Vereins gekauft wurden, Pedro Leon und Canales. Aber man machte es, bevor ein Trainer kam, und als er kam, gab man ihm die volle Macht, womit die Spieler nicht gebraucht wurden und bald wieder weg waren. Die folgenden Transfers von Di Maria, Khedira, Carvalho und Özil waren von Mou so gewollt und haben unter ihm auch gut funktioniert. Dass sie aber jeglichen Wert für dem Verein verloren, sobald Mou weg war, zeigt wieder sehr schön die Gegenextreme. Kaum einer dieser Spieler war wirklich vom Verein aus so gewollt. Adebayor im Winter war ein Nottransfer.
2011: Kompleter Mou Sommer. Wieder gut, dass man ihn gewähren lässt, aber auch wieder bezeichnend, dass bis auf Coentrao keiner dieser Spieler einen längerfristigen Impakt auf den Verein hatten. Aber Varane, werden einige sagen. Stimmt, aber er war eine Entdeckung und Empfehlung seitens Zidane, damals eher ein Aussenstehender nicht des Vereins.
2012: Sehr ruhiger Sommer. Modric war ein Wunsch von Mou, heute einer unserer bester und beliebtester Spieler. Bin gespannt, ob man ihn ohne Mou geholt hätte. Essien war wieder ein Notnagel Transfer ohne langfristigen Input. Genauso wie Lopez im Winter. Casemiro wurde ursprünglich für die Castilla geholt und von Mou zum Debütanten gemacht.
2013: Die grosse Hispanisierung und Bale. Nachdem sich der Verein 3 Sommer lang sehr ruhig verhalten hat, bestimmt er nun praktisch wieder alles. Carvajal zurückholen und Nacho, Morata und Jese hochziehen machte Sinn. Isco wurde von halb Europa gejagt. Illara holte man wegen der U23 EM, wieder, bevor man einen Trainer hatte, auch ihm wurde es zum Verhängnis. Dann holte man Carlo, der jedoch nicht viel mitzureden hatte. Bale kam als Perez neuster Galaktischer, unabhängig von Carlo. Bezeichnend auch, dass in dem Sommer viele Calderon und Mou "Altlasten" abgegeben wurden und durch "Perez Spieler" ersetzt wurden, manchen davon (Higuain, Özil, Callejon, Albiol) hätte man durchaus noch gebrauchen können.
2014: Der Sommer der grossen Kontroversen. Di Maria, auf dem Höhepunkt seiner Karriere und integraler Bestandteil der Mannschaft, wird durch James, der eine gute WM gespielt hat und als neuer Galaktischer ersetzt, unabhängig davon, wie er zur Mannschaft passte. Kroos war ein Glückstransfer, muss man ganz klar so sagen, Bayern verzockte sich und er war sich schon mit Manu einig, dann hat man zugeschlagen. Guter Schachzug, aber einer, der durch äussere Einflüsse zustande kam. Die Verpflichtung von Navas und der unrühmliche Abgang von Lopez ist auch eine Geschichte für sich. Die Ausleihen von Casemiro und Morata (mit Rückkaufklausel) machten Sinn, ebenso dass man Alonso keine Steine in den Weg legen wollte. Chicharito und Silva waren dagegen dann wieder Nottransfers, weil man es verpasst hatte, den Kader breit genug aufzubauen. Wieviel Einfluss Carlo hier hatte, weiss der Teufel, aber ich wage zu behaupten es lief sicher nicht alles so wie er es wollte.
2015; Einer der besten Sommer. Es wurden sinvolle Investitionen in die Breite des Kaders getätigt mit Casilla, Vazquez und Danilo. Casemiro und Kovacic waren Wünsche von Rafa, beide schlugen ein. So weit so gut. Leider haben die letzten paar Transfertage wieder einen sehr faden Beigeschmack hinterlassen. Coentrao wurde ohne Not abgegeben, es kam kein Ersatz. Benitez Wunsch nach einem neuen Stürmer wurde nicht entsprochen. Und natürlich das ganze De Gea Theater. Die Verpflichtungen von Asensio und Vallejo waren dagegen überragend. Eigentlich ein Paradebeispiel für unseren Verein, das zeigt, dass es funktionieren kann, aber wie man es gleich wieder teilweise zerstört.
2016: Der wahrscheinlich beste Sommer. Kein Leistungsträger ging, man holte Coentrao, Morata und Asensio als Ergänzungen zurück und hatte dann den bis heute besten Kader aller Zeiten, der sich auch entsprechend auszahlte. Allerdings wieder, Coentrao und Asensio waren ausgeliehen, Morata hatte ne Rückkaufklausel, bin gespannt, wie viel da ohne das gegangen wäre.
2017: Sehr kontroverser Sommer. Dass man den Kader so nicht zusammenhalten konnte, war klar, bin aber immer noch kein Fan davon, wie davon vieles abgelaufen ist. Pepe partout keinen neuen Vertrag geben wollen, die oberdämliche James Geschichte, die unnötigen Abgänge von Mariano und Danilo, Morata, bei dem man mMn zu inkonsequent war. Es gab auch gute Dinge wie die Verpflichtungen von Ceballos, Llorente und Theo. Aber insgesamt wirkte es wie ein zusammenhangloses Chaos aus dämlichen Einzelentscheidungen. Dass man Morata UND Mariano abgibt, nen Mbappe ausschlägt um BBC zu wahren und dann Mayoral als einzigen Stürmer nach ner schwachen Leihe zurückholt, darf einfach nicht passieren mit einem sportlich kompetenten Management.
2018: Kennen wir alle. Wieder zimelich Chaos. Der beste Spieler geht, Ersatz kommt keiner, bei Kovacic knickt man wieder ein, Ersatz kommt auch keiner. Courtois holt man, behält aber Navas und Casilla. Ein Hazard kommt dagegen nicht. Man verleiht Odegaard, mit das grösste Talent, Vincius versauert in der Castilla, man verleiht Theo, als Ersatz kommt ein älterer Castilla Spieler, der bei weitem noch nicht so weit ist. Den Wunsch nach Odriozola erfüllt man Lopetegui, andere dagegen nicht. Mariano kam aus reinem Zufall dank einer Klausel, hockt auf der Bank. Wieder sehr viel zusammenhangsloses Chaos.
Es ist sicher nicht alles falsch oder schlecht, um Himmels willen, sonst hätten wir nicht 4 CLs in 5 Jahren gewonnen, aber es gibt doch einfach Dinge, die so nicht passieren sollten mit einem sportlichen Management. Einmal kauft der Verein bzw. Präsident unabhängig vom Trainer, dann der Trainer unabhängig vom Verein. Das unrühmliche Ende von Di Maria. Die ganze Scheisse mit James. Kovacic, ursprünglich ein Wunsch von Rafa, dann zu Modric' Kronprinz hochstirlisiert, dann gibt man ihn kurz vor dem Ziel doch wieder ab. Die ewige Geschichte mit Benzema und dem Umgang und seiner "Konkurrenz", bzw. das Fehler derselben, oder Bale. Sind einfach alles so Dinge, die in der Form nicht passieren sollten.
Am bezeichnensten finde ich das hier
https://www.msn.com/de-ch/sport/fussball/im-alltag-ein-trauriger-könig/ar-BBObgfw?MSCC=1539169645&ocid=spartanntp, sollte es den Stimmen. Zidane, der Galactico schlechthin, der Triple CL Sieger. Er hat genug Macht, einen De Gea oder Kepa Transfer zu gunsten von Navas zu kippen. Perez macht ihm Versprechen, aber kippt diese dann zu gunsten von Bale, was schlussendlich in dem Chaos endete, in dem wir nun sind. Der Präsident opfert den erfolgreichsten Trainer aller Zeiten und den besten Spieler der Klubgeschichte um seinen 29 jährigen, dauerverletzten Star zu retten. Das kanns ja irgendwo nicht sein, oder?
Nochmal, es ist nicht alles schlecht, was man gemacht hat bzw. immer noch macht und auch ein spotrliches Management ist kein Allerheilsmittel. Auch es kann Fehler machen. Es wird immer Spieler geben, die nicht einschlagen, unabhängig davon, wer sie und warum man sie holt. Und es wird immer Spieler geben, deren Abgang man schlussendlich nicht verhindern kann. Aber ich finde schon, dass uns eine gewisse Konstanz, und ich sage mal etwas überspitzt eine "Stimme der Vernunft", die alles im Blick hat und bei Dingen, die dem Verein langfristig schaden, eingreiffen, auch mal unangenehm. Ich finde ein Zorc oder Monchi, würden uns gerade in der aktuellen Situation sehr gut tun.
Hätte man in den letzten Jahren das Maximum aus den Möglichkeiten rausgeholt, hätte man nun folgenden Kader.
TW; De Gea/Courtois, Kepa
RV: Carvajal, Odriozola
IV: Ramos, Varane, Nacho, Vallejo
LV: Marcelo, Theo
DM: Casemiro, Kovacic, Valverde
ZM: Modric, Kroos, Isco, Ceballos, Odegaard
RF: James, Asensio
ST: Mbappe, Morata/Mariano
LF: Hazard, Vinicius
Natürlich sehr optimistisch, aber selbst wenn dann nicht alles so gelaufen wäre, wäre es immer noch besser als was wir jetzt haben. Einen halbfertigen Kader mitten im Umbruch mit verzweifeltem festhalten an Bale, Benzema, Modric usw., einem völlig überfordeten Lopetegui und Perez, dem seine Statue wichtiger ist als alles andere. Ich mache mir wirklich Sorgen um die langfristige Zukunft des Vereins. Man hätte alles gehabt, um in 2-3 Jahren die nächste sehr erfolgreiche Generation bereit zu haben. Stattdessen fährt man nun alles gegen die Wand und kann wohl wieder bei praktisch 0 beginnen. Es ist einfach so schade um das Potential, dass dieser Verein hätte. Wir sind der beste Verein der Welt, aber auch der beste Verein der Welt darin, nicht dauerhaft der beste Verein der Welt zu sein mit unserer eigenen Inkompetenz.