Extrem viel los hier, war ja auch zu erwarten. Wird ein bisschen dauern, um alles zu überfliegen, aber erstmal wie ich es sehe:
Zunächst, es war kein sehr starkes Spiel. Real Madrid mangelte es an Autorität, Planmäßigkeit und Genauigkeit, aber war trotzdem überlegen. Von den Fehlern der Gäste zu leben erwies sich als genügend. Die ersten Minuten waren symptomatisch. Juventus stieg mit Selbstvertrauen auf dem Platz, mit dem Willen ein Tor zu erzielen und den Blancos den Ballbesitz streitig zu machen. Emotional war das für sie ein großer Gewinn, während das Bernabeu nicht verstand, warum Kroos, James und Isco nicht den Ball hatten. Nichtsdestotrotz waren die Gastgeber die, die 3 Torchancen kreiert haben, bevor Casillas(gutes Spiel) zum ersten Mal zu sehen war. Toni, Isco(geniale Arbeit gegen den Ball und Willen, sich unterzuordnen. Was der Junge in den späten Phasen der Champions League immer wieder zeigt, lässt mein Herz schneller schlagen) und James sind Techniker und das hat man auch mal gemerkt, aber ihr Positionsspiel war stark. Mit der Unterstützung von Bale formierten sie ein 4-4-2, das nicht überwunden werden konnte und keine gefährlichen Schüsse zuließ. Und im Konter strahlte man dann die Gefahr aus. Mit einem Problem: Mit einem Bale so tief, mangelte es an Beinen vorne. Ronaldo konnte sie nicht vollenden, er verlor die Kontrolle über seine Füße nach jedem langem Aufwand.
Tatsächlich war die letzte Nacht, auch wenn es daneben viel Inhalt gab, die Kapitulation des BBC. Bis zum Gewinn der Klub-Weltmeisterschaft war Real Madrid ein Uhrwerk, wo individuelle Heldentaten nicht notwendig waren. Das Spielmodell ging im vollen Gange auf und die Mehrheit der Tore kamen so, wie es die große Dominanz belegte: man musste sie bloß einschieben. Darüber hinaus lässt sich an die Beteiligung des Trios am Spiel zurück denken, allen voran des Stars Cristiano, der entscheidend war, um diese Leichtigkeit zu erlangen. Sein Spiel zwischen den Linien, das intelligenteste und präziseste seiner Karriere, machte den Unterschied aus.
Die Notwendigkeit kam auf, als die Madrilenen im Kollektiv nicht mehr so automatisch funktionierten. Seit dem konnte Madrid nicht auf die Aktionen zählen, die das Adjektiv weltklasse verdienen. Dieser unmögliche Schuss oder Spielzug. James und Isco hatten die ein oder andere, aber das BBC hatte insgesamt keine fünf. Benzema, weil das nicht sein Wesen ist, Bale aus mangelnder Initiative und Cristiano, weil er es nicht konnte. Die Saison des Sturmtrios erklärt warum Madrid eine so geringe Anzahl an "unverdienten" Punkten eintüten konnte und zum Teil auch warum man aus der Champions League geflogen ist. Wobei Bale für mich für gestern zumindest aus der Kritik steht. Er hat es versucht und war Madrids Offensive. Sein Problem war seine Position, er startete viel zu sehr aus der Tiefe, vor allem bei Kontern.
Ohne dieses Plus, das der Sturm vor einem Jahr noch bieten konnte, blieb der Mannschaft nichts übrig als gut zu spielen. Und das hat man auch nicht geschafft. Die Chance der Mannschaft lag daran, dass James und Isco an der Strafraumkante den Ball bekamen. Jedes Mal wenn das eintrat, herrschte bei Juventus eine Unordnung. Aber das geschah zu selten. Zum einem, weil es Madrid leicht schien, das Spiel mit einem Konter zu entscheiden(das war es auch), sodass man nicht viel Interesse daran zeigte, sich in der gegnerischen Hälfte festzusetzen. Zum anderen, weil man es nicht klar vor Augen hatte, als man dann dort war. Isco und James vor dem 16er war der letzte Ausweg, anstatt das primäre Ziel. Wenn die Kombinationen direkt an der Außenlinie keinen Kontinuität mehr hatten, dann erst wurde nach hinten geschaut und den Spanier oder Kolumbianer gesucht. Auf die Weise hatten dann Marcelo und Benzema die Zügel in der Hand. Der Brasilianer, der den Ball immer zuerst ohne Gegenspieler führen konnte, war unaufhaltsam für Allegris Truppe und der Franzose unauffindbar zwischen den Linien. Beide waren sehr gut drauf. Aber die Anzeigetafel zeigte nur eine 1-0 Führung nach 45 Minuten. Etwas zu knapp nach dem Spiel verlauf? Ja, aber nichts unerklärliches. Das Fehlen eines festen Rhythmus in der Offensive und Cristianos Probleme als Stürmer bei den Umschaltsituationen erklärten den Zwischenstand. Das und das Juve immer voll in der Partie war, denn Madrid hatte auch nichts getan, um das zu erschweren.
Nach Wiederanpfiff verloren Marcelo und Benzema an Protagonismus und Bonucci, Chiellinie und Pirlo übernahmen den Ballbesitz wie zu Beginn des Spiels. Da Karim nicht nur gegen tiefe Italiener, sondern auch bei den Konter ein großes Gewicht hatte, war sein Leistungsfall auch ein Problem für Madrids Aufbau und gab Juventus mehr Ruhe, sodass sie langsam immer mehr Männer nach vorne schicken konnten, um zweite Bälle zu erobern. Sie strahlten kaum Torgefahr aus, aber Vidal, Marchisio und Pogba gegen Kroos, Isco und James zu haben war Grund für Optimismus und das 1-1 war zwar nach einem ruhenden Ball, aber sie zeigte die physische Überlegenheit Juves. Und ab da an, wie schon vor einer Woche in Turin nach Tevez' Elfmeter, war Juventus besser als Madrid. Deutlich sogar.
Das war das härteste für Ancelotti. Sobald Allegri das Weiterkommen in der Hand hatte, hieß es adios. Allegri rückte seine Mannschaft nach hinten, strich den riskanten Kurzpass Aufbau und Real Madrid wurde ungefährlich. Sobald Juventus nicht mehr patzte, sobald sie keine Geschenke verteilte, wurde Madrid zum Nichts. Isco und James hatten noch immer die Schlüssel und aus ihnen heraus entstanden die einzigen zwei gute Chancen, aber ihren Kollegen schien es nicht zu interessieren. Marcelo über links und Bale über rechts waren die einzigen konstanten Optionen, die die Gastgeber gesucht haben. Da sie lange Ballführungen Richtung Zentrum verteidigen mussten, wurden die Defensivaufgaben für Marchisio, Vidal und Pogba vereinfacht. So gab es keine Unordnung und in den Zweikämpfen sind sie stark. Bei den ersten Pässen beim Umschalten auch. Sie konterten stark, Morata und Tevez lösten sich Richtung Flügel und hielten die Bälle fest mit der Gewissheit, dass, selbst wenn sie noch weit entfernt sind, Pogba und Vidal ihre Höhe erreichen würden, bevor und besser als Isco, James und Kroos das tun würden. Sie konnten den Sack zwei Mal zu machen, aber fanden im Madrider Kasten noch Gegenwehr. Über 90 Minuten im Schnitt unterlegen, so hatten sie in der letzten halben Stunde die dominanteste Phase der Partie auf ihrer Seite.
Die Enttäuschung ist groß, keine Frage. Die Aufgabe ist wie immer die Saison zu Analysieren und Schlüsse zu ziehen. Eines der bedeutendsten Faktoren des jetzigen Projekts, das BBC, hat nicht wie gewünscht geleistet. Jede Mannschaft, in jeder Saison, ist der Unkonstanz ausgesetzt. Keine Mannschaft spielt neun Monate auf ihrem höchstem Niveau. Man braucht einige Extras, um die schlechten Momenten abzufedern. Ancelottis Mannschaft, obwohl man auf den Angriff zählen konnte, der 2014 Europa unsicher gemacht hat, konnte in keinen der beiden 16er die Stütze finden, die man nicht selten benötigt hätte. Trotzdem muss man nicht alles radikalisieren. Die Fakten verdeutlichen, dass Real Madrid eine Refenz in Europa ist, was nicht ohne gute Arbeit erreicht werden kann. Und wer weiß, die Champions League ist launisch, sie steht nicht zwei Jahre auf der gleichen Stelle. Vielleicht schaut sie Real Madrid in 12 Monaten mit anderen Augen an und der Ball von James fällt ein paar cm tiefer genau unter die Latte rein.
Gratulation an Juventus, das sich das verdient hat, und sich selbst immer treu geblieben ist. Pirlo ist einer meiner All-Time Lieblinge, auch wenn ich seine große Zeit schon hinter uns sehe, und Buffon ist eine Legende, die es verdient den Henkelpott auch mal zu heben. Warum nicht dort, wo er schon vor neun Jahren den WM Pokal heben durfte? Die größte Freude ist aber natürlich über Morata, der einen riskanten Weg gegangen ist. Nicht der des Wechsels an sich, sondern der zu Juventus, das gezeigt hat, dass der Junge an sich geglaubt hat, und nun wird er fürstlichst entlohnt. Forza Vecchia Signora, Real Madrid steht hinter euch!