"Das Ende ist nah" predigen, aber selber 220 Mio für Mbappe bieten und für 800 Mio das Stadion umbauen, genau mein Humor. Und ja, kann man nicht 1 zu 1 vergleichen und in Perez Worten steckt durchaus auch Wahrheit, man wird irgendwas tun müssen, ich finde nur die Theatralik und rezente Taten haben eine gewissen Ironie
Ich werde hier wohl dem ein oder anderen nun vor den Kopf stossen; aber das Modell von Perez zur Revolution des Fußballs erachte ich als notwendig. Die Entwicklung geht derzeit in eine extrem falsche Richtung. Wir sind finanziell auf die kurzfristige Zukunft durch ein gesundes Wirtschaften des Vereins noch einigermassen konkurrenzfähig. Ein Barcelona muss saniert werden, die italienischen Vereine können rein aus finanzieller Sicht nicht vorne mitspielen und in der Bundesliga gibts auch nur den FC Bayern der finanziell durch gesunde Verhältnisse viel Handlungsspielraum besitzt. Und sonst so? Naja, sonst so gibts die Premier League wo jedes Tottenham oder Arsenal genauso Kohle hat wie wir wenn nicht sogar mehr. Das einzige Glück dass wir derzeit haben ist diese Strahlkraft, sodass selbst Weltklasse Spieler wie Mbappe weiterhin Bock haben hier zu spielen. Und abgesehen von den schwerreichen PL Vereinen gibts noch genau Paris. Wir haben nun genau zwei Möglichkeiten:
-Möglichkeit Nummer 1: wir lassen das so weiterlaufen, bis wir, Bayern und Atletico genauso den Anschluss verlieren. Dann kriegt die PL irgendwann 10 Champions League Startplätze, damit auch jedes seelenlose Machthaber-Spielzeug Newcastle, Arsenal, Spurs, ManU usw. international stattfinden kann. Komplett irrelevant wie kompetent die Vereinsführung ist, die Kohle wird sowieso regeln dass man jeden 16-25 jährigen der drei grade Schritte geht zum wohlhabenden Mehrfach-Millionär machen kann. Bestes Beispiel Man City mit dem Grealish Deal. Klingt jetzt eventuell alles sehr populistisch formuliert, ist aber der Trend in dessen Richtung das alles läuft. Und der Trend lässt sich mit dem aktuellen System nicht bremsen.
Logisch stirbt der Fußball nicht komplett aus, das ist Perez auch klar. Wenn er das sagt meint er in Wahrheit; der Fußball stirbt nicht aus, aber Real Madrid, Bayern München, Barcelona, Juventus Turin, Milan, Atletico und so weiter sterben aus. Und da all diese Clubs riesige Heerscharen an Fans mit sich bringen die sich bei akuter Erfolglosigkeit nicht mehr so stark für den Fußball interessieren, wird so der Sport an sich niemals mehr dieselbe Popularität besitzen. Es sei denn jeder dieser Vereine wird auch an irgendeinen reichen Ölscheich verkauft. Dann haben wir nur noch identitätslose Öl-Spielzeuge im Fußball. Ob wir das wollen ist dann die andere Frage.
Natürlich gibt es nun auch noch die Traditionsfans die ankommen und sagen "naja dat is ja kompletter Blödsinn, wenn dann jedes Wochenende ein Clasico stattfindet guck ich mir das doch nicht mehr an. Das ist doch dann nichts Besonderes mehr." Diesem Irrglauben war ich ebenfalls lange verfallen. Nun darf man aber nicht vergessen; erstens gäbe es weiterhin zwei Clasicos im Jahr, nur sind die anderen Spiele auch alle gegen internationale Schwergewichte. Und zweitens: die derzeitige PL zeigt doch sehr offensichtlich dass es eben funktioniert. Die haben jedes Wochenende mehrere absolute Topspiele wegen der hohen Dichte an finanzstarken Vereine. Und jeder guckt sichs an, sogar ich erwische mich immer wieder bei einem PL Hochkaräter reinschauen. Auch wenn ich diese enorme finanzielle Überlegenheit im Grundkern verachte. Wer mag es mir auch verübeln? Temporeicher Fußball, ein Weltklasse Team nach dem nächsten, jährlich ein spannender Kampf um die Meisterschaft und CL Plätze bis zum bitteren Ende; all das was mir die anderen Ligen eigentlich nicht mehr bieten können, bzw. nichtmehr auf diesem hohen Niveau. In der CL wiederspiegelt sich der Trend, die reichen Clubs machen es unter sich aus, der FC Bayern und Real Madrid sind meines Wissens die einzigen noch ernst zu nehmenden Nicht-Scheich- oder Oligarchenspielzeuge. Wie lange wir noch ernst zu nehmen sind hängt, wie von Perez richtigerweise antizipiert, davon ab wie die Grundstrukturen des Fußballs weiterentwickelt werden.
Die PL würde auch in einer Super League die klare Mehrheit der Teams stellen, das wäre sowieso klar. Ich sähe folgendes Modell konkurrenzfähig:
-5 Teams PL: (City, CFC, Manu, Liverpool, Arsenal)
-4 Teams La Liga: (Real, Barca, Atleti, Sevilla)
-3 Teams Serie A (Milan, Inter, Juve)
-3 Teams BuLi (Bayern, BVB, Leipzig)
-2 Teams Ligue 1 (Paris, Lyon)
-1 Team Portugal (FC Porto)
-1 Team Holland (Ajax Amsterdam)
-Team Rest der Welt (Russland/Ukraine/Schweiz o.ä. vielleicht über einen Playoff-Wettbewerb? Ähnlich wie die CL Quali?)
Elementar sehe ich dass aus allen anderen Vereinen in den nationalen Ligen jeweils auch faire Chancen auf einen Aufstieg in die SL bestehen. Das mit 20 Teams war jetzt nur ein Vorschlag, durch das Wegfallen des heimischen Spielbetriebes sowie der CL für die Elite Teams, kann man den Wettbewerb evtl. auch noch ausgedehnter gestalten. Wenn man bspw. von den Top 5 Ligen jede noch eine Mannschaft mehr stellen dürfte sind wir dann bei 25. Also hat man dann gesamthaft 48 Spieltage, das würde ich grade da die CL wegfällt fast noch optimaler finden.
Im Endeffekt sind wir uns denke ich alle einig dass meine oben beschriebene Entwicklung nicht weit hergeholt ist und sich ein paar Dinge ändern müssen. Der korrupte UEFA-Haufen wird den Fußball andernfalls kompromisslos untergehen lassen, dem schnellen Geld zuliebe.
Sehr guter Beitrag, von dem ich vieles unterschreiben kann. Ich denke wie bei vielen ist es wichtig, dass man die Super League weder glorifiziert noch verteufelt, sie ist weder ein Allheilmittel noch das Ende des Fussballs, sondern eine mögliche Alternative, deren Erfolg davon abhängt, wie man sie aufgleist und wie sich gewisse Dinge entwickeln. Perez hat insofern recht, dass sich der Fussball in eine sehr bedenkliche Richtung entwickelt und irgendwann alles kollabiert, wenn man nichts unternimmt. Die Frage ist jetzt hatl, was man unternimmt, und da sehe ich persönlich durchaus Potenzial in Perez Ideen, während ich die geplante Ausführung, zumindest so wie sie im Frühling aufgegleist war, sehr kritisch sehe.
Mit der Super League, wie sie im April präsentiert wurde, hatte ich persönlich 2 grosse Probleme.
- sie hätte das Grundproblem der ungleich verteilten Gelder, zumindest soweit ich das beurteilen kann, nicht gelöst. Es wäre eine neue, geschlossene und selbsternannte Elite entstanden, die die 3 Mia Startgelder und die Prämien unter sich verteilt hätten, die restlichen 99% des Fussballs hätte in die Röhre geschaut. Soweit mir bekannt waren keine Salary Caps usw. vorgesehen, damit hätten zwar Real und Co von einer Geldspritze profitiert, allerdings hätten immer noch die PL und Scheichklubs am meisten Geld gehabt und die Topspieler/Talente horten können. Ein korruptes System, in dem wenige profitieren, durch ein anderes zu ersetzen, ist in meinen Augen nicht die Lösung.
- die absolut arrogante und überhebliche Art, wie sie vorgestellt wurde. So a la "seht her, wir sind die neue Elite und Retter des Fussballs, geht unter oder unterstützt uns dabei, einen neuen geschlossenen Elitekreis zu bilden, der dann ebenfalls das Geld hortet, wem das nicht gefällt, der ist kein richtiger Fussballfan bzw. hat keine Ahnung". Dass man sich mit so einer Einstellung und Auftreten wenig Freunde macht, gerade bei kleineren Klubs und Otto Normalfans, die man aber brauchen wird, wenn man eine ernsthafte Alternative zur UEFA und ihren Wettbewerben sein soll, war abzusehen. Und leider hat man dabei sehr viel Kredit verspielt und der UEFA in die Hände gespielt. Ich glaube es gäbe sehr wohl einen grossen Nährboden für mögliche Alternativen und Oppositionen, nur holt man die Leute so nicht ab. Ich finde es doppelt enttäuschend, weil Perez sonst eigentlich eher ein begnadeter Leader ist und die Massen für neue/alternative Ideen begeistern kann, aber hier hat er echt ins Klo gegriffen.
Damit ist die Super League nicht automatisch schlecht oder zum Scheitern verurteilt, nur diese, wie gesagt aus meiner Sicht suboptimale Ausführung, war nicht mehrheitsfähig, und wurde von den Massen zurecht verrissen. Damit die Super League einerseits die vorherrschenden Probleme ändern und andererseits für eine Mehrheit der Klubs und Fans interessant wird, müsste sie in meinen Augen ein paar Punkte erfüllen.
- Es braucht Mechanismen, die das Spielfeld innerhalb der Liga ausgeglichener gestalten, etwa einen Salary und/oder Budgetr Cap, praktisch alle grossen und funktionierenden Super Leagues kennen Regeln in der Form, die sich auch auszahlen, weil dann eben nicht mehr einfach derjenige mit dem meisten Geld alles horten kann, sondern man sich z.B. überlegen muss, ob man 1-2 Superstars oder mehrere starke Spieler und Talente engagiert. Dadurch entsteht mehr Konkurrenz und mehr Spannung für den Zuschauer.
- Es braucht eine gewisse Umverteilung der generierten Finanzen nach unten zu den restlichen Klubs. Das kann passieren, indem man die Liga für alle öffnet und man sich dafür qualifizieren kann, oder indem man einen Teil der Einnahmen z.B. in einen Fond einzahlt, der dann den Rest der Fussballklubs unterstützt. Dadurch profitieren deutlich mehr Klubs von der Super League, nicht nur eine geschlossene Elite, und sie dürfte deutlich mehrheitsfähiger werden.
- Man sollte die extremistische Vermarktung vielleicht etwas runter drehen und die Super League nicht als absolute Notwendigkeit, von der nur wenige profitieren, sondern als ernsthafte und breit abgestützte Alternative zur UEFA und ihren Wettbewerben. Es gibt und gab durchaus Unmut über die CL Reform und die Art und Weise, wie sich die UEFA entwickelt. Auch die FIFA Pläne von wegen WM alle 2 Jahre oder eine ausgedehnte Klub WM passt bei weitem nicht allen. Ich glaube hier könnte man sich sehr viel Unterstützung anderer Klubs und der Fans holen, WENN man sie entsprechend einbinde und abholt, und wenn der UEFA quasi die Milchkühe davon laufen, muss sie irgendwann Kompromisse machen. Wenn man dagegen so erbärmlich auftritt wie Perez im Frühling, treibt man die Leute regelrecht in die Hände der UEFA, und tut sich damit keinen Gefallen.
In der überarbeiteten Form der SL soll es ja z.B. Salary Caps und ein offenes System geben, damit wären für mich schon 2 grosse Schritte in die richtige Richtung gemacht.
Wie sich das Potenzial von Spielen mit grossen Namen innerhalb der SL entwickeln wird, halte ich für sehr schwer abzuschätzen und wird wohl auch davon abhängen, wie man die SL auslegt. Ein Spiel mit grossen Namen wird an sich immer mehr Potenzial haben als eines mit kleinen. Dennoch ist es auch so, dass etwas an Spezialität und damit auch Potenzial verliert, sobald es zu einer Regelmässigkeit wird. Ich kann mich noch sehr gut an die Überdrüssigkeit an Clasicos von 11/12 oder 17/18 erinnern. Die PL ist im Endeffekt eben auch nur so spannend, weil verschiedene Teams Meister werden und in die CL kommen, aber auch absteigen können. Passiert das dagegen in einem geschlossenen System, wo am Ende alle auf sicher ihr Geld bekommen, nimmt die Spannung schnell ab. Die SL wird sicher für eine gewisse Spannung sorgen, die Frage ist, wie lange man sie halten kann, und da sehe ich bei einem offenen System deutlich mehr Potenzial, weil eben die Karten neu gemischt werden können. Wenn Milan-Inter jedes Jahr inklusive Liga, Cup und CL jedes Jahr 10 mal ausgestrahlt wird, und es bei der Hälfte davon um quasi nichts geht, lutscht sich dass irgendwann auch aus. Hier mag es auf dem amerikanischen und asiatischen Markt ein grossen Potenzial an neuen Zuschauern geben, die wollen aber auch unterhalten werden, sonst sind sie schnell wieder weg, deshalb sollte man die Core Fans, die auch in schlechten Zeiten treu bleiben, nicht komplett vergessen.
Einen Punkt, den man ebenfalls nicht ausser Acht lassen sollte, ist Zugänglichkeit. Hier muss man irgend eine Balance zwischen Einnahmen und möglichst breiter Abstützung finden. Perez beklagt sich z.B. dass Junge (aka ich) immer weniger Fussball schauen, was aber schlicht daran liegt, dass Fussball immer mehr hinter teuren Privatsendern und Abos verschwinden. Das mag für die Klubs zwar an sich attraktiv sein, schliesst aber immer mehr Leute aus, und irgendwann wir der Punkt kommen wo es kippt und sich niemand mehr teure Abos leisten kann/will. Wir sind hier in der Schweiz mittlerweile soweit, dass sich der (vom Steuerzahler finanzierte) Staatssender mittlerweile die Lizenz zur Übertragung der (ebenfalls nicht unwesentlichen von Steuerzahler finanzierten) Nationalmannschaft mit Privatsendern teilen muss, Kosten verstaatlicht, Gewinne privatisiert, es wird langsam echt absurd. Es war auch über 20 Jahre lang Tradition, dass wir als Familie CL geschaut haben, gab zig legendäre Abende, ist mittlerweile auch nur noch vereinzelt möglich weil schlichtweg nicht mehr bezahlbar. Ich bin durchaus bereit, einen gewissen Mehrbetrag für eine SL zu zahlen, aber alles hat Grenzen, ich werde mir nicht jährlich 5 Abos für je 100$ holen. Ich würde mir daher gut überlegen, welche Kundengruppen man ansprechen will und an wen man die Rechte übergibt.
Das war jetzt sehr viel Text, daher TL;DR. Ich sehe in der überarbeiteten SL mit Salary Cap, offenem System usw. durchaus eine Chance, in manchen Bereichen vielleicht auch eine Notwendigkeit. Die grosse Frage wird sein, ob man sich bei den anderen Klubs, ohne deren Mehrheit es nun mal kaum geht, eine 2te Chance erarbeiten kann und der Versuch dieses mal Früchte trägt, mit dem überhasteten und peinlichen Vorpreschen im Frühling hat man wohl leider viel Kredit verspielt und die UEFA gefestigt. Mal sehen. Dass mittelfristig irgendwas passieren muss, da sind wir uns wohl alle einig, die Frage ist, wie.