Insgesamt gebe ich Dir schon Recht, es wird weiter gehen. Aber über das wie mache zumindest ich mir tatsächlich Gedanken.
Santiago Bernabéu Yeste habe ich so richtig aktiv natürlich nicht mehr erlebt, aber mein Vater und alle Bekannten haben mir unzählige male erzählt wie wichtig dieser Mann war und er allein dafür verantwortlich ist das dieser Verein zu solch einer Marke werden durfte. Ich habe einiges von Ihm verschlungen und es war eindeutig seine Art und Weise die Ihn so besonders gemacht hat. Kein Mogul, eher einer von vielen der mit den Bürgern der Stadt Madrid das Heft in die Hand nahm , weil es sein Herzensprojekt war. Für die damaligen Verhältnisse war das ausserordentlich und ich würde behaupten das es pure Liebe war die man für Ihn empfunden hat das so viel freiwillig unterstützten.
Danach war nie wieder auch nur annähernd ein Präsident so wie er, auch Perez nicht. Aber Perez ist für mich der einzige nach Santiago der diese Aura wieder hat aufleben lassen und zwar auf seine eigen Art und Weise. Für mich ist das vollkommen in Ordnung, auch weil ich die beiden gar nicht vergleichen möchte, aber auch Perez nehme ich jede Sekunde ab für diesen Klub durch das Feuer zu gehen. Man hat immer das Gefühl das der Klub an erster Stelle steht und genau wie Santiago ist er mit einem enormen Weitblick dabei. Nichts soll nur bis nächstes Jahr dauern, also kann ich nur hoffen das sich jemand finden lässt, der es zu schätzen weiß was er für ein Erbe antreten darf.
So oder so, es wird schwer eine Nummer 3 zu finden. Dachte schon die 2 wäre unmöglich, kann aber nur Danke Perez sagen und hoffen er bleibt auf ewig Fit.
Letztendlich versuche ich, einen vernünftigen Kompromiss zwischen Anerkennung und Bewunderung der Verdienste einzelner Personen und einem gewissen trockenen Realismus, dass es immer irgendwie weiter geht, zu finden.
Santiago Bernabeu ist wahrscheinlich das Nächste, was an personifiziertes Real Madrid herankommt, weil er mehr oder weniger sein ganzes Leben dem Verein und dessen Erfolg gewidmet hat. Erst als Spieler und Käptn, wo er 69 Tore in 79 Spielen schoss und eine der ersten Copa del Reys gewann, dann als Funktionär und Jurist. In den Wirren des Bürgerkriegs und des 2ten Weltkriegs sowie Francos Regime wäre der Verein fast zu Bruch gegangen, viele ehemalige Spieler und Funktionäre wurden verwundet, verschleppt oder gar getötet. Er selbst flüchtete 2 Jahre nach Frankreich und versuchte von dort irgendwie zu retten, was zu retten war. Später kämpfte er dann selber unter General Mundoz-Grandes.
Als nach dem Bürgerkrieg zurückkam, lag der Verein in Scherben am Boden. Er hat die Reste zusammengekratzt und die Leute zusammengetrommelt, die noch am Leben waren. Vom Staat aus gab es keine Fördergelder (was einer der Gründe ist, der mich in Rage versetzt, wenn Real als Franco-Klub bezeichnet wird), weshalb Bernabeu einen Job im Finanzministerium annahm, um Geld für den Klub aufzutreiben. 1943 kam es beim Clasico schliesslich zu Fanausschreitungen, woraufhin Bernabeu das Präsidentschaftsamt übernahm, und bis zu seinem Tod 35 Jahre später behielt.
Bernabeu war ähnlich wie Perez ein Visionär und seiner Zeit weit voraus. Er legte grossen Wert auf Professionalität und Visionen, reorganisierte sämtliche Vereinsstrukturen und versuchte, wo möglich die besten Fachleute und Visionäre zu holen, wie etwa Raimundo Saporta, der über 20 Jahre sein Vize wurde und sowas wie sein Sanchez war. Er kaufte 1944 ein Grundstück neben dem damaligen Estadio de Chamartin und liess darauf ein neues Stadion für 75'000 Zuschauer bauen, weil er möglichst viele Leute mit seinem Klub begeistern wollte, Nuevo Estadio Charmatin, heute besser bekannt als Estadio Santiago Bernabeu. Er war wesentlich an der Entstehung des Pokals der Landesmeister beteiligt, weil ihm die Vorstellung gefiel, sich international mit anderen Topklubs zu messen. Er wollte schon damals die besten Fussballer im weissen Trikot sehen, brachte etwa Santamaria, Kopa, Puskas und einen gewissen Alfredo di Stefano, der eigentlich schon bei Barca unterschrieben hatte, nach Madrid und liess sie mit eigenen Stars wie Gento spielen. Die Erfolge dieser Mannschaft sind hinlänglich bekannt.
Und Bernabeu behandelte alle gleich, egal ob Gärtner, Spieler oder seine Vorstandskollegen. Paul Breitner sagte mal, er sei der einzige Weise in seinem Leben gewesen. Und Breitner ist auch ein gutes Beispiel dafür, was für ein Typ Mensch Bernabeu war. Der damalige Trainer Miljanic wollte Breitner haben, einige Funktionäre hatten Vorbehalte, weil er Kommunist war und Real noch nie einen fremden Aussenverteidiger gekauft hat. Bernabeu sagte, dass es ihn nicht interessiert, ob Breitner Kommunist oder Aussenverteidiger ist, sondern was er für ein Typ Mensch ist. Man sagte ihm, Breitner sei kein einfacher Charakter, aber ein Kämpfer. Bernabeu sagte schlicht: "gut, kauft ihn!".
Bernabeu war 35 Jahre Präsident des Vereins und schon davor als Spieler und Funktionär für ihn tätig. Wir verdanken ihm ziemlich sicher die Weiterexistenz nach dem Bürgerkrieg, die Professionalisierung des Vereins, das nach ihm benannte Stadion, mehr als eine legendäre und bekannte Mannschaft und nicht zuletzt auch schlichtweg den Mythos Real Madrid. Er hat dieses niemals aufgeben, immer mehr wollen, gut ist nicht gut genug dem Verein eingeimpft, war dabei aber der umgänglichste und inspirierende Mensch, den viele je getroffen haben. Noch mit 80 gab er 3-stündige Mannschaftsvorträge. Ich glaube es ist nicht schwer zu sehen, warum der Mann von vielen absolut respektiert und verehrt wird, zu Recht.
Perez hat den Verein fit fürs 21 Jahrhundert gemacht und erfolgreich durch schwierige Zeiten geführt, über seine Verdienste wurde hier ja schon ausführlich geschrieben. Es gab nur 1 Bernabeu und es gibt nur 1 Perez, und ich möchte in keinster Weise irgendwie die Verdienste und Wichtigkeit dieser 2 Männer kleinreden. Sie können als solches nicht ersetzt werden, as simple as that.
Und gleichzeitig ist das stetige Fortlaufen der Zeit einfach eine der unerschütterlichen Wahrheiten unseres Lebens. Perez wird nicht ewig Präsident sein, und er wird auch nicht ewig leben, so sehr uns das auch widerstreben mag. Wenn ich in meinem bald 30 jährigen Leben eines gelernt habe, dann, dass es immer irgendein Morgen danach gibt. Es mag nicht das Mogen sein, welches wir uns wünschen oder die grösste Freude bereitet, aber wir können es nicht ändern, was wir können, ist versuchen, das Beste daraus zu machen.
Als ich jünger war, habe ich auch oft sehr ängstlich in die Zukunft geschaut. Mous Rücktritt 2013 hat mich sehr mitgenommen, weil ich der Überzeugung war, dass er das absolute Schlüsselelement für unseren Erfolg und die Bezwingung von Peps Überbarca war, und sie uns ohne ihn wohl wieder überrennen könnten. 11 Jahre später haben wir 6 CLs mehr und wieder ein so junges und talentiertes Team wie damals, welches ähnliches erreichen könnte. Wir haben viele Spieler überlebt, bei denen es hiess, ihr Abgang würde uns lange schaden und fehlen. Redondo, Hierro, Roberto Carlos, Zidane, Figo, Ronaldo, Raul, Casillas, Pepe, CR, Ramos, Marcelo, Case, Benzy, nun Kroos zu meinen Lebzeiten, und siehe da, wir leben noch, und das ziemlich erfolgreich.
Es kann jeder denken und fühlen, was er will, aber mein Ansatz ist letztendlich, was bringt es, uns jetzt über das den Kopf zu zerbrechen, was ohne Perez mal sein könnte? Ich geniesse lieber die aktuellen Erfolge und Perez wirken, solange er noch da ist. Sanchez ist 57, Calafat 51, neue aus dem aktuellen Vorstand und von unten werden nachrücken und lernen, und irgendwann ihre Geschichte schreiben. Perez wird sicher alles tun, um den bestmöglichen Nachfolger zu finden. Dann schauen wir, wie es weiter geht. Wir haben auch unter Saenz 2 Cls gewonnen, oder die letzte Titelverteidigung war unter Calderon. Erfolg ist natürlich niemals garantiert und muss immer wieder neu aufgebaut und sich verdient werden. Aber die Institution Real Madrid ist so gross und erfolgreich, dass es schon eine Leistung wäre, sie komplett gegen die Wand zu fahren, und es sicher Leute gibt, die was dagegen haben und eingreifen werden. So gross und wichtig Bernabeu und Perez absolut sind und waren, niemand steht über dem Verein, gilt trotz allem auch für sie. Jedes Ende ist auch wieder ein Neuanfang.