Einzelkritik

Noten zum City-Wahnsinn: Militão wackelig, Benzema nervenstark

Was für ein irres Fußballspiel! Mit 3:4 verlor Real Madrid das Hinspiel des Champions-League-Halbfinales bei Manchester City. Für das Rückspiel am kommenden Mittwoch stehen die Chancen dennoch nicht schlecht. Grund dafür ist vor allem die individuelle Klasse Karim Benzemas, der die Blancos im Geschäft hielt. Die Abwehr um Éder Militão und David Alaba leistete sich hingegen viele Patzer. Und auch Toni Kroos erwischte einen schwachen Abend.

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Militao, Benzema
Während Éder Militão gegen Manchester City einen Abend zum Vergessen erlebt, hält Karim Benzema die Final-Chance aufrecht – Fotos: Imago

Startelf

Thibaut Courtois

Der Belgier erlebte einen Abend, an dem er sich zahlreiche Male hätte auszeichnen können. Die Qualität der Torabschlüsse der „Citizens“ ließ das jedoch nicht zu. Entweder verwerteten die Hausherren eiskalt – oder sie vergaben mitunter kläglich. Einzig in Minute 68, als der 1,99-Meter-Mann einen Abschluss von Aymeric Laporte aus Nahdistanz stark parierte, konnte Courtois seine Extraklasse unter Beweis stellen. Angesichts von vier (!) Gegentoren als Torhüter auf den ersten Blick ein schlimmer Abend. Vor dem Hintergrund, dass die Blancos noch Chancen auf den Finaleinzug haben, wird die Ernüchterung sicherlich bald der Fokussierung des Rückspiels weichen. REAL TOTAL-Note: 3,5.

Daniel Carvajal

Sah sowohl beim 0:1 und beim 1:3 als auch beim 2:4 nicht optimal aus. In allen Fällen war Carvajal allerdings das letzte Glied einer langen Fehlerkette. So bekam Real beim 0:1 keinen Druck auf den Flankengeber, während dem 1:3 ein schlimmer Fehler im Spielaufbau vorausging, sodass der Spanier nicht mehr rechtzeitig einrücken konnte. Beim 2:4 pennten mehrere Merengues, sodass sich Carvajal in einem frontalen Eins-gegen-Eins gegen den beweglichen Bernardo Silva wiederfand. Einige geglückte Defensivzweikämpfe (zwei direkte Balleroberungen) sowie zwei Key-Pässe und viele ordentliche Tiefenwege rechtfertigen eine schwach befriedigende Note. REAL TOTAL-Note: 3,5.

Éder Militão

Überzeugte der Brasilianer im Laufe der vergangenen Monate in vielen großen Spielen, erwischte er im Etihad Stadium einen gruseligen Abend. So leistete sich der Innenverteidiger unter Gegnerdruck viele Fehler mit Ball am Fuß. Darüber hinaus sah er in vielen direkten Duellen aber nur die Rücklichter seiner Gegenspieler. Als Paradebeispiel dient sein haarsträubender Fehler im Timing vor Mahrez’ Pfostenschuss kurz nach dem Seitenwechsel (48). In der Verfassung ein Unsicherheitsfaktor – auch mit Blick auf das Rückspiel. REAL TOTAL-Note: 5,5.

David Alaba (bis zur 45. Spielminute)

Ob es an der noch nicht ganz auskurierten Verletzung oder dem Ausnahmetalent der City-Angreifer gelegen haben mag: David Alaba erwischte in Manchester, genau wie Nebenmann Militão, einen Abend zum Vergessen. So hob der Österreicher vor dem 0:2 das Abseits auf (11.) und war auch ansonsten entweder schlecht positioniert oder kam schlichtweg zu spät. Offensiv setzet der Österreicher, der in der Pause angeschlagen in der Kabine blieb, per Kopfball nach Benzema-Flanke ein kleines Ausrufezeichen (30.). Nichtdestotrotz sein bisher wohl schwächstes Spiel im Real-Jersey. REAL TOTAL-Note: 5.

Ferland Mendy

Der Franzose agierte an diesem Abend zwischen Weltklasse und Segunda División. So bereitete er Benzemas Anschlusstreffer per Traumflanke vor (33.) und leistete vor Vinícius’ Treffer einen weiteren sehenswerten Assist (55.). In der Anfangsphase agierte der Linksverteidiger jedoch enorm schläfrig, verpasste es beispielsweise vor dem 0:2, rechtzeitig einzurücken (11.). Und auch mit Ball am Fuß spielte der 26-Jährige einige Fehlpässe. Vor Fodens Treffer zum 1:3 etwa ließ sein Pass in Richtung Vinícius die nötige Passschärfe vermissen. Zudem ließ sich der Franzose darauf viel zu leicht überspielen. In der Verfassung nicht die defensive Bank, die es gegen einen Gegner wie City braucht. REAL TOTAL-Note: 4.

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Toni Kroos

Statistisch lesen sich 77 Ballaktionen bei einer knapp 93-prozentigen Passquote wieder einmal sehr gut. Tatsächlich füllte der Weltmeister von 2014 seine Rolle vor der Abwehr nicht so aus, wie es gegen ein Kaliber wie Manchester City nötig ist. Sicherlich kam dem Deutschen Ancelottis Entscheidung für ein Dreiermittelfeld nicht zugute. Auffällig war jedoch, dass der 32-Jährige fast nie in einen Defensivzweikampf kam und de facto keinen Druck von der Viererkette nahm. So kam Kroos bei der Hereingabe vor dem 0:1 zu spät, war vor Fodens Top-Chance schlichtweg nicht präsent (30.) und führte auch sonst kaum Zweikämpfe. Vor dem Hintergrund komisch, dass Ancelotti den Mittelfelddirigenten nicht ausgewechselt oder zumindest nicht früher eine Position nach vorne geschoben hat. REAL TOTAL-Note: 5.

Federico Valverde

Der Uruguayer hatte im zentralen Mittelfeld vor allem in Halbzeit eins einen schweren Stand. So bekam auch der 23-Jährige kaum Zugriff auf das Spiel der Hausherren. Immer wieder kam „Fede“ zu spät. Mit zunehmender Spielzeit fand er jedoch besser in die Partie und generierte zumindest einige Ballgewinne. Im Rückspiel als Teil eines Vierermittelfelds aufgrund seiner Dynamik sicherlich eine gute Option. REAL TOTAL-Note: 3,5.

Luka Modrić (bis zur 79. Spielminute)

Auch wenn der Kroate keinen Gala-Auftritt auf den Platz zauberte, so hat er doch großen Anteil daran, dass Real Madrid in dieser Halbfinalauseinandersetzung noch am Leben ist. So leistete er mit viel Einsatz den Pre-Assist von Benzemas Anschlusstreffer. Und auch sonst generierte er drei direkte Ballgewinne (die meisten im Real-Mittelfeld) und löste einige Male Citys Pressing auf. REAL TOTAL-Note: 2,5.

Rodrygo Goes (bis zur 69. Spielminute)

Aufgrund der guten Leistungen zuletzt (dennoch etwas überraschend) in die Startelf gerückt, konnte der Brasilianer sich an diesem Abend kaum in Szene setzen. Einzig sein Abschluss nach Carvajal-Vorarbeit (35.) strahlte Torgefahr aus. War ansonsten um gute Aktionen bemüht, die dem Youngster allerdings kaum gelingen mochten. REAL TOTAL-Note: 4.

Karim Benzema

Der Franzose ist und bleibt Real Madrids Lebensversicherung! Mit seinen Saisontoren 40 und 41 ist die Tür ins Finale trotz eines defensiv vogelwilden Auftritts noch nicht geschlossen. Während der Mittelstürmer Mendys Hereingabe vor dem 1:2 mit einer herausragenden Körperbeherrschung versenkte, bewies er bei seinem Panenka-Elfmeter kurz vor Schluss cojones. Ganz klar bester Blanco! REAL TOTAL-Note: 1,5.

Vinícius Júnior (bis zur 88. Spielminute)

Der Brasilianer erwischte im Etihad Stadium zwar sicherlich nicht seinen besten Abend, sein Solo-Treffer zum zwischenzeitlichen 2:3 (55.) hat an einem bemerkenswerten Champions-League-Abend einen großen Anteil daran, dass die Königlichen noch im Spiel sind. Zudem gelang es dem Brasilianer zumindest phasenweise, Fehler im Aufbauspiel der „Skyblues“ zu provozieren. REAL TOTAL-Note: 2,5.

Einwechselspieler

Nacho Fernández (ab der 46. Spielminute)

Der Routinier kam zur Pause für den angeschlagenen Alaba und musste früh feststellen, dass Citys Offensive zumindest an diesem Abend kaum zu stoppen war. Zwar leistete sich der 32-Jährige keinen kapitalen Bock, in vielen Situationen war „Nachete“ jedoch einen Schritt zu spät – oder positionierte sich suboptimal im Raum. REAL TOTAL-Note: 4.

Eduardo Camavinga (ab der 69. Spielminute)

Der Franzose kam in der Schlussphase, um das Spiel der Merengues zu stabilsieren und Druck von der Viererkette zu nehmen. War physisch sofort voll da und reparierte auch Fehler seiner Teamkollegen, etwa Nachos schwaches Zuspiel kurz vor Schluss (87.). Für das Rückspiel eine Startelfoption. Ohne Bewertung.

Daniel Ceballos (ab der 79. Spielminute)

Dass Ancelotti dem Spanier beim Stand von 2:4 das Vertrauen schenkte, unterstreicht, wie sehr der 25-Jährige sich in der Hierarchie bereits nach oben gearbeitet hat. Konnte zwar keine entscheidenden Akzente setzen, dürfte aber Selbstvertrauen in die kommenden Wochen mitnehmen. Ohne Bewertung.

Marco Asensio (ab der 88. Spielminute)

Wurde für den platt wirkenden Vinícius eingewechselt, hatte jedoch keine nennenswerte Aktion. Ohne Bewertung.

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Trainer

Carlo Ancelotti

Ein kritischer Blick auf den Auftritt der Merengues lässt den Schluss zu, dass der Italiener sich klar vercoacht hat. Zwar lässt das Ergebnis dem Rekordsieger noch sämtliche Chancen offen, den Finaleinzug zu packen, die taktische Herangehensweise wirkte jedoch äußerst sorglos und wenig nachvollziehbar. So wäre das Aufbieten eines laufstarken und zweikampfstarken Vierermittelfelds oder ein stärkeres (defensives) Einrücken der offensiven Flügelspieler zwingend notwendig gewesen, um Citys Übergangsspiel zu erschweren. Stattdessen bot Ancelotti Kroos auf der defensiven Mittelfeldposition auf und schaffte es zudem nicht, die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen zu minimieren. Dass der Weltklasse-Trainer noch immer vom Henkelpott träumen darf, hat er vor allem Karim Benzema zu verdanken. REAL TOTAL-Note: 5.

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